Ja, wir sorgen auch in Zeiten wie diesen für Lesestoff, damit euch nicht langweilig wird. Heute möchten wir euch einen richtig spannenden Newcomer-DJ aus Deutschland vorstellen, den wir NATÜRLICH von zu Hause aus mittels Ferngespräch interviewen durften: DJ Artin. DJ Artin ist 25 Jahre alt und einer der ersten DJs mit einer Sehbehinderung im deutschsprachigen Raum. Durch Zufall sind wir auf seine Radioshow "Blind Dance Radio" gestoßen und uns gingen tausend Fragen durch den Kopf. Umso mehr haben wir uns gefreut, als Artin einem Interview zugestimmt und uns einen kleinen Einblick in sein Leben gegeben hat:
Studierst du oder arbeitest du neben deinem Blind Dance Radio?
Ich habe eine kaufmännische Ausbildung im Büro-Bereich gemacht und wenn die ganze Corona-Krise vorbei ist, dann beginne ich auch zu arbeiten, da habe ich bereits eine Zusage bekommen. Das hat mich auch sehr gefreut. Ich komme ja eigentlich aus dem Radio-Bereich. Das Blinde Dance Radio mache ich erst seit Ende Jänner und davor habe ich einige Praktika und ehrenamtliche Arbeiten beim Radio gemacht. Ich habe zwar versucht, in dem Bereich Fuß zu fassen, aber aufgrund meiner Sehbehinderung, also ich bin komplett blind, ist es dann an gewissen Punkten gescheitert. Also nicht an meiner Qualifikation, ich habe immer gute Zeugnisse bekommen, aber die unternehmensinternen Ressourcen waren nicht dementsprechend verfügbar.
Welche Tätigkeiten hast du denn beim Radio ausgeführt? Wie können wir uns deinen Arbeitsalltag dort vorstellen?
Also ich war fünf Jahre beim Jugendradio-Sender im Medienzentrum Parabol tätig. Dort kann man als Jugendliche*r die ersten Erfahrungen in dem Bereich sammeln, Interviews führen, Umfragen machen, in der Musikredaktion tätig sein, alles was einem Spaß macht. Ich habe dort viel gelernt und durch ein Schulpraktikum kam ich zum Bayrischen Rundfunk, wo ich journalistisch arbeiten durfte - Beiträge machen, Interviews führen, einfach alles, was man so in einer Redaktion macht. Moderieren durfte ich nicht, aber das war schon okay so. 😋 In meinem Praktikum war ich immer mit meinem eigenen privaten Laptop und Equipment dort, also ich habe das immer von zu Hause mitgenommen und dann mit der darauf installierten Software und der Braille-Zeile gearbeitet. Das Praktikum dauerte nur ein paar Wochen, also das hätte sich für den Sender auch nicht rentiert, die ganzen Softwares, etc. zu installieren, das kostet ja alles was. Bei einer Fix-Anstellung wäre das natürlich dann anders.
Welche Programme bzw. Hilfsmittel verwendest du, um trotz deiner Sehbeeinträchtigung Remixe erstellen zu können?
Ich habe die Software JAWS, das ist ein Screen Reader, der liest mir theoretisch alles vor. 😁 Dann habe ich noch ein zusätzliches Gerät, eine Braille-Zeile, die schließt man via USB an den Computer an und dann wird alles in Braille-Schrift übersetzt, also alles, was am Desktop steht, wird in Braille ausgegeben. Mit dieser Zeile lese ich dann, zum Schreiben verwende ich die Tastatur am Computer. Und prinzipiell funktioniert das auch bei den Mixtapes so. Die meisten Sachen funktionieren mit Tastenkombinationen.
Es ist schon sehr anspruchsvoll, ich muss mich sehr konzentrieren, weil ich eben hier nur auf mein Gehör angewiesen bin, aber mir macht das einfach richtig viel Spaß! 😊
Große Bewunderung unsererseits, Hut ab! Könntest du dir vorstellen, einmal live vor Publikum aufzulegen?
Ja, auf jeden Fall. Ich habe das auch schon einmal gemacht, also bei keiner großen Veranstaltung, aber im kleineren Rahmen. Ich bin momentan auch auf der Suche nach Events, auf denen ich auflegen kann. bzw. auch schon bereits teilweise am Vereinbaren mit Veranstalter*innen, aber aufgrund der Corona-Krise heißt’s jetzt sowieso erst einmal abwarten. Bei mir wäre es dann so, dass ich die Mixe teilweise vorbereiten und nur noch vorspielen werde, das ist glaub ich, die einfachste Möglichkeit. Live-Mixen habe ich noch nicht ausprobiert, aber das würde mich auch interessieren. Da müsste ich mir dann aber auch selbst noch ein Equipment zulegen.
Wie sieht es denn eigentlich mit eigenen Produktionen aus?
Ich habe 11 Jahre lang Klavier gespielt, also bis zu meinem 15. Lebensjahr, aber das war dann im Teenager-Alter nicht mehr so interessant für mich. Da bin ich dann von der klassischen Musik zur elektronischen Musik übergegangen und habe das Klavier spielen eher links liegen gelassen. Ich habe jetzt tatsächlich angefangen, Musik selbst zu produzieren, aber ich habe eben wirklich erst begonnen. Vielleicht gibt’s schon bald etwas selbst Produziertes von mir.
Woher holst du dir Inspirationen für deine Musik und deine Remixes?
Ich lasse mich von bekannten DJs wie Nicky Romero, Afrojack, Avicii, David Guetta, Don Diablo inspirieren und generell von Liedern, die etwas mit Elektro House, Bass House, Future House, Progressive zu tun haben. Das gefällt mir ganz gut. Ganz aktuell bin ich ein großer Fan von Nicky Romero, ihn und seine Musik bewundere ich sehr.
Welche DJs würdest du persönlich gerne einmal kennenlernen?
Gute Frage. Klar, es wäre natürlich einmal cool, wenn zwischen mir und den niederländischen DJs Kontakt hergestellt werden könnte. Afrojack oder Nicky Romero wäre natürlich auch mega, ist vermutlich schwer, aber man darf ja träumen. 😊
Was sind deine Ziele für die nächsten 5 Jahre?
Ja, also mit dem Produzieren starten und wenn es nicht hauptberuflich klappt, dann auf jeden Fall nebenberuflich damit Geld zu verdienen, das wäre schon mega. Ob das realistisch ist, weiß ich noch nicht, aber ich bleibe optimistisch. Ein persönliches Ziel ist auch vermehrtes Reisen, sobald es wieder geht. Mich interessieren die englisch-sprachigen Länder außerhalb von Europa also USA, Kanada, Australien und die skandinavischen Länder und Holland natürlich.
Wir freuen uns, dass auch wir jeden Samstag um 19 Uhr die Blind Dance Radio Show in unserem Radio ausstrahlen dürfen und dir, lieber Artin, wünschen wir weiterhin viel Erfolg und wir freuen uns auf alles, was noch kommt! 🍀
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